TWIKE Klub
   
Deutschlandreise 2015 - 2. Teil
Ralph Schnyder



Dresden
31.7.2015

Dresden begrüsst uns mit goldigen Figuren auf allen wichtigen Gebäuden. Ein echtes Juwel diese Stadt.

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Wir wohnen im Hotel Ibis, direkt an der neuen Shoppingmeile, welche an die Altstadt anschliesst.

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Auf dem LEMnet finden wir eine Ladestation im Parkhaus gleich daneben. Wir kurven auf den obersten Stock.

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Die Station ist gross markiert, gratis im Testbetrieb!

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Die Anleitung ist für uns Techniker zu kompliziert und den aufgeführten Kartenleser können wir nirgends finden. Zum Glück hat es einen roten Knopf mit direkter Leitung zur Hilfezentrale: Man kann einfach einstecken, die Dose ist freigeschaltet, denn den Kartenleser gibt es noch nicht. Leider kommt aber kein Strom und die grüne Lampe leuchtet nicht.

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Wir schwärmen aus zum Strom suchen, und beim Parkplatz 15 hat es eine CEE 16A Dose, getarnt in weiss statt wie üblich rot. Voltmeter her, Spannung ist 238V auf allen 3 Phasen, also rein mit dem Adapter, und die TWIKE und wir sind glücklich . . . bis um 21:08h als Christians Handy die sms erhält, dass die Ladung unterbrochen wurde. Wir spekulieren schon, dass sich da jemand an unseren TWIKE zu schaffen gemacht hätte, aber offenbar ist da eine Zeitschaltuhr an der Dose, denn alles ist noch unangerührt. Wenn wir Glück haben schaltet die am Morgen wieder ein.



Dresden - Frauenstein
31.7.2015

Damit wir die Stadt noch bei Tag sehen fahren wir erst um 15 h in Dresden ab. Die Steckdose hat sich tatsächlich um 6h morgens wieder von selbst eingeschaltet, sodass alle Twikes voll geladen wurden.

Die Stadt ist voll von Touristen. Ein Must auf der Europareise. Die Kirchen, Paläste, der Zwinger und die Staatsoper sind herausgeputzt und bieten super Background für die Selfies. www.dresden.de

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Bei jedem Neubau gibt es noch vorher viele Schichten archäologisch zu dokumentieren . . . bis das Gras wieder drüber wächst.

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Architektur für die Schönen und Reichen von damals, als Deutschland noch die vereinigten Königreiche waren.

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Der Zwinger, ein etwas unpassender Name für diesen Innenhof.

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Es gibt auch hier noch Menschen, die an das Gute im Russen glauben - solange das Samsunghandy guten Empfang hat.

Die Weiterfahrt am Nachmittag führt und in die "Schweiz", nichts mehr mit flach und grad.

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Frauenstein als Tagesziel tönt vielversprechend.

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Wir fahren in eine kleine Herberge "zum Fürstenthal" in Kleinbobritzsch, gleich neben Frauenstein. www.gasthof-zum-fuerstenthal.de Es wären nur 40 km aber die Strasse ist gesperrt, sodass wir eine grosse Runde um Frauenstein drehen müssen.

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Hier ist die Welt noch in Ordnung, die Politik ist fernab und man geniesst die Familienfeiern, runde Geburtstage und Hochzeiten. Die Geheimrezepte werden gleich an die Wand graviert.



Frauenstein - Plauen: Bergwerke und Umfahrungen
1.8.2015

204 km / 4:16h / 47 km/h
JS+AS 11319 Wh / RS+TS 9975 Wh / CM 10694 Wh

Heute durchqueren wir das Erzgebirge. Es geht rauf und runter wie wenn man im Baselbiet wäre. Hier wurde die Erdkruste aufgestaucht, sodass es Verwerfungen gab und eine Mischung zwischen Kalk, Granit und vulkanischem Gestein. Daher gibt es hier überall Bergwerke. Man findet alles vom harmlosen Marmor bis zum hochgiftigen Schwermetall und Uran.

Aber zuerst müssen wir mal den Weg finden. Immer wieder ist die Strasse gesperrt und wir müssen einen grossen Umweg fahren. Theoretisch wären es heute nur 144 km, aber zum Glück haben wir grosse Akkus und keinen Zeitstress. Auch ist es genug ärgerlich, wenn aufgrund einer Umfahrung die verbleibenden km plötzlich wieder zunehmen anstatt abzunehmen.

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Unwissend landen wir auf der Kalkstrasse und fahren direkt auf die imposante kleine Kalkmine Lengefeld zu. Siehe www.geomin.de
Der alte Teil der Mine ist als Museum schön aufbereitet.

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Die 4 Kalkbrennöfen bilden ein malerisches Ensemble und wir lernen viel über die Geologie, den Kalkabbau und die Verarbeitung. Da wir fast die einzigen Gäste sind freut sich die Tourführerin über unser Interesse und die schlauen Fragen.

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Unsere geliebte alte E-Lock war auch hier von 1970 - 85 im Einsatz.

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Der Überkopfschaufler.

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Die Strecke nach Plauen wäre nicht mehr so weit.

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Nun geht die Umfahrungstour weiter. Noch fünf mal landen wir vor Fahrverbotsschildern und müssen wieder einen grossen Umweg machen. Vor Plauen haben wir schon 180 km drauf, als die Brücke über den Stausee gesperrt ist, sodass wir um den ganzen See herum kurven müssen.

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Die Pension Valeria ist ein schön renoviertes Altstadthaus mit Stockwerken die über 3 m hoch sind. Valeria empfängt uns persönlich, zeigt die Zimmer, gibt die Schlüssel, und mit 110 Euro in bar ist gleich alles abgerechnet. Hatte schon Angst, das es so eine vergammelte Abstiege wäre, aber schön sauber, Badzimmer neu und sogar eine komplette Küche. Da könnte man gleich eine Weile bleiben.

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Das Beste neben der wunderschön renovierten Altstadt ist die Emobil-Ladestation.

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Erschreckend einfach ist die Anleitung: Einstecken, einschalten und schon lädt es. Genau so muss eine Steckdose sein!

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Die TWIKE sind versorgt und wir kümmern uns nach einem kleinen Stadtbummel ums leibliche Wohl.

Den Schweizer Nationalfeiertag wollen wir hier gebührend ehren. Feuerwerk gibt es keines, aber im besten Restaurant essen wir bis wir nicht mehr können, das für die üblichen 75 Euro (für 5 Personen).

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Was die Menschen hier sonst noch bewegt, erahnen wir anhand der Aufkleber auf dem Elektrokasten.



Plauen - Luisenburg - Betzenstein
2.8.2015

164 km / 3:01 h / 54 km/h
RS 9450 Wh / JS+TS 7474 Wh / CM+AS 10206 Wh

In der Pension "Valeria" gabs kein Frühstück, daher heute "breakfest at Mc Donalds". Die Altstadt ist am Sonntag morgen menschenleer. Wir holen die voll geladenen TWIKE bei der Ladestation, machen noch 2 Fotos zur Aktualisierung des LEMnet und fahren quer durch die Fussgängerzone. 1.2 m sind schon die Idealmasse, da passt man zwischen allen Pfosten durch.

Nächstes Ziel: Luisenburg. Das sind die "Devil's Marbles" von Deutschland.

Kurz vor Regnitzlosau können wir mit einem Auge knapp die grosse braune Tafel erkennen, welche die ehemalige Grenze zur DDR markiert. Jetzt sich wir wieder im Westen. Unterschied merkt man keinen, ausser dass die Strassen etwas glatter werden und der Verkehr zunimmt.

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Die Luisenburg ist schon seit dem 18. Jahrhundert ein Touristenmagnet. Im Konvoi fahren die Autos und Busse hoch und wandern die Familien mit Grosseltern, Enkel und allem vorbei am Besucherzentrum und der Freilichtbühne.

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Aufgrund der vergilbten Postkarte meiner Grosstante von 19xx hatte ich da ein paar wenige grosse Steine erwartet. Die positive Überraschung: Über 1 Stunde wandern wir durch die Brockenlandschaft, krabbeln unter und zwischen den Steinen durch bis zum höchsten Punkt. Das kann durchaus mit Australien mithalten, einfach all die Tannen ringsrum müsste man ausrotten.

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Jemand muss die Dinger ja halten bis man abgedrückt hat.

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Vor den Pommes-Icecream Futterplätzen flüchten wir dann schnell und geniessen in einer kleinen Gaststätte zu ersten Mal Kartoffelknödel. Schliesslich sind wir bereits in Bayern. Man hört es auch deutlich an der Sprache.
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Tagesziel ist Betzenstein, die kleinste Stadt Frankens und in der fränkische Schweiz gelegen www.betzenstein.de. Noch nie davon gehört und trotzdem gibt es zu unserer Überraschung hier ein ganz niedliches Städtchen.

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Dank booking.com kommt man überhaupt auf die Idee hier ein Hotel zu buchen. Martin (mit Tschechischem Akzent) begrüsst uns, Zimmer 11 und 13 im Dachgeschoss (wir haben das bei der Buchung so angeklickt) und Strom gibt es durchs Fenster aus der Küche.

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Er hat das Hotel erst vor einem Jahr übernommen, neue Bodenbeläge, echt nach Holz aussehendes Vinyl, neue Tapeten und überall (echte) Zimmerpflanzen und Geranien auf den Fenstersimsen geben eine liebevollen Touch. Wir sind aber fast die einzigen Gäste und das Restaurant ist heute geschlossen. Die Reservationen kommen alle über die Webplattform. So führt das Internet dazu, dass man irgendwo ein Hotel haben kann solange der Preis und die Ratings stimmen, wird gebucht.

Die ganze Reise hat dies nun bisher perfekt funktioniert. Am Vorabend etwas in der Zielgegend suchen und gleich buchen. So macht das Reisen Spass, wenn man nicht abends von einem Ort zu nächsten fahren muss, um ein Zimmer zu finden. Inzwischen habe ich den Verdacht, dass man vor Ort kaum mehr ein Zimmer bekommt, weil alle über booking.com reserviert sind.

Abendroutine: Adi und Tanya vertiefen sich in ihre Ebooks, Jane überprüft mit sanftem Schnarchen die Qualität der Betten, Gsundi geniesst auf dem grossen Flachbildschirm ein Fussballspiel und ich mache mich dran den Reisbericht zu erweitern, nachdem der Router zuerst neu gebootet werden musste.
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Nürnberg
3./4.8.2015

Nürnberg ist die letzte grosse Stadt auf unserer Tour. Wir sind noch vor Mittag im Hotel und bleiben zwei Nächte.

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Im Hinterhof können wir die TWIKE parken und es hat auch eine Schukodose, welche unsere bescheidenen Strombedürfnisse bestens abdeckt.
Auch wenn das Hotel verdächtig nahe am Rotlichtbezirk beim Frauentor liegt ist es supermodern, sauber und absolut ruhig in der Nacht. Auch bei offenem Fenster hört man nur ab und zu ein leises Husten von irgendwo her. Die massiven Stadtmauern erfüllen auch heute noch einen sehr guten Zweck, indem sie sich als Lärmschutzmauern gegen den Verkehr auf der Ringstrasse nützlich machen.

Auch die gute Luft wollte ich eigentlich rühmen, Abgase sind dank Katalysatoren und Dieselfiltern auch an drückend schwülen Tagen wie heute mit über 30 C gar kein Problem mehr. Hier wurde in den letzten 20 Jahren gute Arbeit geleistet. Aber als ich das Fenster des Hotelzimmers öffne steigt mir die intensive Mischung von Bratfett und halbverwestem Fisch aus der Mülltonne des Japanischen Restaurants in die Nase. Ein bisschen HongKong-Feeling, aber nicht die angenehme Sorte. Im Laufe des Morgens wir zum Glück die Mülltonne geleert und das Problem entschärft.

Die Stadt ist typisch pflaumenförmig, hat ein Schloss auf der Nordseite und Tore in alle vier Himmelsrichtungen. Da sie zu Nazizeiten nicht nur der Parteisitz war, sondern auch ein wichtiges Industriezentrum, wurde sie komplett flach gebombt. Um die Ecke ist übrigens das Büro der Piratenpartei. . . . Inzwischen ist alles wieder aufgebaut, die öffentlichen Bauten und ein paar wenige Riegelbauten mit Originalfassade, der ganze Rest neudeutsch. Nur die Giebel, Traufen und Parzellengrenzen wurden weitgehend beibehalten, sodass trotzdem der Charakter einer mittelalterlichen Stadt geblieben ist.

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Shoppen und stadtwandern ist angesagt. Es hat eine grosse Fussgängerzone mit allen Labels, Kleider, Schuhe, Uhren von Addidas bis Zara. Die Frauen sind im Element, wir teilen uns auf, damit jeder seine Interessen verfolgen kann. Alles ist "Sale" nur die T-Shirts im Schaufenster mit "Sale" Aufdruck wollen sie mir nicht verkaufen, wäre doch ein guter Spruch. So begnüge ich mich halt mit einem neutralen grauen und einem schwarzen. Im TWIKE hätte noch viel Platz für Gepäck gehabt, aber wir kaufen uns nur ein paar kleinen Erinnerungen, da zuhause die Kleiderkästen schon gut bestückt sind. Der Frust mit dem Überfluss, auch Brezen, Eis, Würstchen, Sushi, Pizza, Kirschen, Erdbeeren . . . Ich kann leider nicht noch mehr essen.

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Am Dienstag machen wie noch eine Erkundungstour in die Aussenbezirke, dort wo meine Urgrosseltern Anfangs des 20. Jahrhunderts ein Haus gebaut hatten. Das stolze Stadthaus hat alle Kriege überlebt und macht einen sehr gepflegten Eindruck. Verwandtschaft habe ich jedoch schon lange keine mehr in der Gegend.


Nördlingen - Augsburg - Kissing
5.8.2015

Nächste Etappe ist Nördlingen. Auf den Satellitenbildern gut ersichtlich, dass da was grosses passiert ist, denn ein Krater von 22 km Durchmesser sticht ins Auge. Vorerst gehen wir mal die Typ 2 Steckdose bei baywa (Baumarkt) an der Zufahrtsstrasse testen.

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Mit Schlüsselschalter kann diese das nette Fräulein vom Kundendienst aktivieren. Typ 2 Stecker will kein Strom liefern aber immerhin der Schuko auf der linken Seite geht. Wir laden das TW 001, das mit 2 Personen besetzt am meisten Strom brauchte. Adrian ist nicht mehr bei uns, da er den Direktzug nach Warnemünde zurück genommen hat. Die Reichweite sollte auch heute für die rund 200 km gut ausreichen. Daher laden wir nur kurz, machen ein Foto fürs LEMnet, essen im Restaurent von baywa etwas kleines und fahren in die Altstadt von Nördlingen weiter.

Das GPS führt uns durch kleine Gässchen direkt vors Museum. Die Altstadt ist einige der wenigen Städte, die im 2. Weltkrieg nicht zerstört wurden.

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Kreisrund ist sie um die Kirche aufgebaut, damit alle gleich weit zur Sonntagspredigt haben, mit alten krummen Riegelhäusern, die bei jedem Stock 15 cm weiter in die enge Strasse ragen. Trotzdem ist das Verkehrsregime sehr tolerant, die Touristenbusse fahren direkt bis in die Fussgängerzone in der Stadtmitte und wir können die TWIKE vor dem Museum parkieren.

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Das Museum geht etwas weiter zurück als bis zur DDR und Hitler, genau gesagt geht alles um ein Ereignis, das nur ca 10s dauerte und 15 Millionen Jahre früher geschah. Noch bis in die 70er Jahre dachte man, dass hier einmal ein vulkanisches Ereignis den Riesenkrater geschaffen hatte. Dann kam der Beweis, für die ausserirdische Erklärung. In einer schönen Ausstellung können wir viel lernen über das Weltall, Geologie, Erdgeschichte, Asteroiden und gewaltige Explosionen. Ein Steinmeteorit ist einfach so mit der Erde zusammengestossen und hat mit der Energie von 250'000 Atombomben alles im Umkreis von 100 km verwüstet.
Es war politisch völlig neutral, gab anders als bei den bisherigen Gedenkstätten die wir besucht hatten, weder gute noch böse Absichten dahinter und diente weder zur Befreiung noch zur Verteidigung von irgend einer Seite wie die Atombombe. Statistisch kommt das irgendwann vor, aber anders als sonstige Risiken wie Autounfälle oder Vulkanausbrüche, kann man gegen so was auch keine individuellen Vorsichtsmassnahmen treffen, da es irgendwann und irgendwo aud der Erde passieren kann.

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Da sind wir mit dem Thema dieser Ausstellung auf der obersten Hierarchie der fatalen Schicksalsschläge angekommen. Mensch kann tun was er will, Ausbeutung der Umwelt, Waldsterben, Uranminen, Weltkrieg, politische Unterdrückung ist ja alles übel, aber man kann dagegen demonstrieren, Gesetze erlassen, Kalkstaub in den Wald blasen, über die Mauer flüchten, aber plötzlich gibt es einen Risenblitz und alles ist vorbei. So erging es vor 65 Millionen Jahren den Dinosauriern, lesen wir.

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Ausstellungen sind intensiv, vor allem wenn es so heiss ist.

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Gsundi nimmt die Gelegenheit doch noch war einen Stein zu erwerben, der nicht von diesem Planeten ist, ein echter Meteorit.

Bevor wir noch fatalistischer werden, gehen wir nach einem Eiskaffee (draussen ist der Thermometer schon gut über 30 C) zu den TWIKE. Bis zum nächsten Meteoriteneinschlag haben wir noch, statistisch gesehen, etwas Zeit, die wir pragmatisch dazu nutzen möchten diese Welt zu verbessern.

In der Nachmittagshitze sausen wir Richtung Süden, überqueren bei Donauwörth die Donau und dann den Lech.

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Augsburg lassen wir heute aus und fahren direkt nach Kissing. Nicht etwa der vielversprechende Namen ist der Grund für dieses Etappenziel, sondern das kleine Holzhaus, welches mein Grossvater dort nach dem Krieg gebaut hat.

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Im Schatten des Auenwaldes erholen wir uns hier einen Tag und tragen etwas zur Weltverbesserung bei, indem wir das Gras mähen und die Spinnweben aus den Ecken holen.

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Freitag geht es dann (bei prognoszierten 36 C) mit einer Zwischenladung in Biberach zurück in die Schweiz.


Kissing - Biberach - Gelterkinden
7.8.2015

Die letzte Etappe ist die längste, 320 km nach Garmin. Trotz Hitzewarnung starten wir (erst) um 10 Uhr Richtung Westen.

Durch Augsburg der übliche Ampelparcours. Mit 3 TWIKE ist es fast unvermeidlich, dass das letzte ab und zu hängen bleibt oder bei Rot über die Kreuzung fährt. Zum Glück ist bisher nichts passiert.
Eine Lösung wäre den "virtual tailer mode" einzubauen, wo mit elektronischer Abstandsregelung die TWIKE mit wenigen Zentimeter Abstand hintereinander her fahren könnten. Technisch eigentlich heute kein Problem, müsste einen neuen Controller entwickeln und gute Bremsen, die elektronisch betätigt werden können . . . eine Frage der Zeit, bis Peter das bauen kann. Der Vorteil wäre, dass man in den hinteren TWIKE gemütlich die Zeitung lesen kann und der Luftwiderstand deutlich kleiner wäre . . . schliesslich konnte man bereits vor 45 Jahren auf den Mond fliegen.

Die westdeutschen Strassen sind Luxus. Am Anfang der Reise hatten wir uns ernsthafte Gedanken gemacht, ob man die Federung des TWIKE verbessern müsste, denn mit den Kopfsteinpflastern und Buckelpisten wurden wir heftig durchgeschüttelt. Das Thema ist nun wieder vom Tisch und wir sausen mit 75 - 80 km/h über die nur wenig befahrenen Bundesstrassen. Lüftungsklappen, die den Wind besser lenken lassen und eine optimierte Aerodynamik wären heute auf dem Wunschprogramm, Klimaanlage natürlich auch, Strom haben wir mehr als genug in den Akkus. So ein kleiner Kompressor wäre doch gar nicht so unmöglich. Mit der Pedalleistung von 150W könnte man eine 500W Wärmepumpe betreiben, welche etwas kühlt, damit man beim treten nicht so schwitzt . . . vielleicht doch nicht so schlau.

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120 km später sind wir in Biberach. Auf dem LEMnet ist eine Typ 2 Ladesäule im Parkhaus P2 zu finden. Auf Anhieb tauchen wir ins 2. Untergeschoss ab und finden die Ladestation. Das kühle Parkhaus ist perfekt und die Parkgebühren sind mit 1.60 Euro pro TWIKE für 2.5h äusserst grosszügig.

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Die rechte Station funktioniert mit unserem neuen Adapterkabel. Jedes TWIKE bekommt eine Phase, sodass wir mit je 3 kW oder 50 km/h laden können. Gross steht 2 x 22kW, also keine Hemmungen oder Bedenken. Die 63A Steckdose in der Ecke bestätigt, dass hier die richtigen Kabel drin sein sollten. Falsch geglaubt, dann nach ein paar Minuten Klack und alle drei TWIKE sind stromlos. Eine Sicherung ist nirgends zu finden. Die Typ 2 Ladestationen bleiben ein Mysterium. Eine genormte Steckdose heisst noch lange nicht, dass in der Box dahinter jeder wieder was anderes hinbastelt. Eine Prüfprozedur und Qualitätskontrolle der Typ 2 Steckdosen wäre ein dringendes Thema.
Plan B ist die zweite Steckdose, die noch funktioniert, allerdings nur mit dem einen Adapterkabel und nicht mit dem anderen, obwohl elektrisch beide gleich sein sollten (?). Immerhin, wir geben jedem TWIKE mal 10A auf Nummer sicher und spähen mit unserem kreativen Steckdosen-Suchblick in der Umgebung herum. Eine CEE 32A findet Tanya gleich um die Ecke, leider kein Strom drauf. Zwei weitere Schukodosen finden wir auch noch, die sogar eingeschaltet sind und können so noch die Zusatzladegeräte vom TW 001 und 1007 einstecken. Damit sind wir bei 50km/h oder 2.30h Ladezeit. Das passt für einen Stadtrundgang und ein gemütliches Mittagsessen. Das Gute: der Strom ist kostenlos von den Stadtwerken Biberach gesponsert, sodass wir uns kein schlechtes Gewissen machen müssen wenn wir neben den Ladesäulen noch "wilden" Strom aus den Schukodosen ziehen.

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Biberach www.biberach-riss.de ist unsere letzte Stadt in Deutschland und herausgeputzt wie alle, die wir bisher gesehen haben. Da hat Frau Merkel in den letzten Jahren wirklich ihr Land gut herausgeputzt.
Wir schleichen immer im Schatten den Häusern entlang, denn inzwischen brennt die Sonne bei über 32C im Schatten. Gemüselasagne und dann natürlich ein Eis. Schon piept das Handy von Gsundi und meldet, dass das TW 1007 voll geladen ist.

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Die letzten 203 km werden dank einer (letzten) Umleitung 213 km, sodass wir nach 336 km bei Sonnenuntergang Gelterkinden erreichen.

20150807_Biberach_05 17 Tage und fast 2000 km später: Die drei braven TWIKE haben trotz Rüttelpisten und 36 C ohne ein Problem die Reise gemeistert. Nur die Scheiben haben wir einmal etwas abstauben müssen.

Fazit der Reise:


1'930 km und 95 kWh bei total 39 Stunden Fahrzeit. Wenn man bedenkt, dass unsere Solaranlage alleine am letzten Tag gut das Doppelte dieser Energie ins Netz geliefert hat, ist Reisen im eigenen Fahrzeug und Ökologie definitiv kein Widerspruch mehr.

Literaturempfehlungen:
Als Vorbereitung der Reise habe ich das Buch "Faserland" von Christian Kracht gelesen. Eine Bericht einer Deutschlandreise der anderen Sorte, Pflichtlektüre in der Oberstufe und absolut nicht zum lesen empfohlen.
In Rostock habe ich das Buch "Deutschlandreise" von Roger Willemsen mitlaufen lassen (war im Museum auf einem Tisch ausgelegt mit der Notiz "zum mitnehmen"). Trotz Popularität des Autors eher als Bettlektüre geeignet (ersetzt Schlaftabletten).

Die Literatur beschäftigt sich eher mit den üblen Seiten des Landes, die Museum mit Kriegsverbrechen, Tragödien und Katastrophen. Wir habe versucht die Schönheit des Landes zu sehen und da hat Deutschland wirklich vieles zu bieten.

Als wir die Grenze überquerten und nach Gelterkinden einfuhren, musste ich erstmals realisieren, dass die Schweiz langsam aber sicher den Anschluss verliert. Wir werden zum Entwicklungsland. Die Strassenbeläge lösen sich auf und sind holpriger als in Ostdeutschland, die Dorfzentren sind in den letzten 30 Jahren höchstens mit einem neuen Kreisel und einem Fussgängerstreifen beglückt worden, nicht für die Bewohner, sondern für die Autos.

Das ist bedenklich, aber noch nicht zu spät, denn das Geld von Europa liegt ja inzwischen alles in der Schweiz, man müsste nur noch das Richtige damit machen.


drei-TWIKE durch Deutschland-Tour 2015

Deutschland ist eigentlich präsent, aber trotzdem kennt man es nicht, insbesondere der ex DDR Teil ist heute komplett anders als in allen Büchern beschrieben.
Zeit dies mit eigenen Augen zu erkunden, natürlich per TWIKE. Von unterwegs berichten Ralph und Jane Schnyder mit Adi und Tanya, sowie Christian Meyer. >>> Bildbericht lesen / Teil 2



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