Reisebericht TWIKE Tour Nr 002 vom 2. - 4. Aug. 2002


Text und Fotos von Ralph Schnyder

Eigentlich hätte ich bis zur letzten Tour warten sollen, um dort als zweiter Guide mitzufahren . . . aber das war mir zu spät, nachdem ich die Fotos und den Bericht der ersten Tour gesehen hatte. Also, online reservieren für die Tour Nr. 002, alle Sachen in den Koffer und ab mit dem Intercity nach Interlaken.

Adrian hatte sich die Highlights schon gemerkt: Freitag Grimsel-Kraftwerke mit der Kristallgrotte, Samstag Thermalbad in Saillon und Sonntag per Huckepack von Bex nach Villars.

Wir sind ja bereits seit Jahren per TWIKE unterwegs. Die TWIKE Tours sind anders. Das Reisen steht im Mittelpunkt, das TWIKE ist das ideale Mittel dazu und die Guides sorgen dafür, dass alles reibungslos klappt.


    
Tanya und Jane im Intercity nach Interlaken

Entspannt kommt man am Morgen in Interlaken an. Die TWIKE sind voll geladen und bereit für die Tour mit allem, was es dazu braucht: Regenschirme für alle Fälle, Funkgeräte damit man immer weiss was los ist, Stromkühe um die Batterien zu füttern und das Lunchpaket damit wir auch unterwegs nachladen können.
    
Das Wahrzeichen von Interlaken: Grand-Hotel Victoria Jungfrau aus den frühen Zeiten der Eisenbahn

Balmers Herberge ist der Treffpunkt aller jungen Amerikaner hier in Europa. Hier geht man Skydiving, Canyoning, Rafting, Bungee-Jumping und jetzt halt eben auch auf TWIKE Tours. Neugierige Blicke auf das ungewohnte Gefährt . . . aber natürlich keine Ahnung, was man mit dem Ding so macht. Hier brauchts noch viel Infos und Marketing, bis das so klar ist, wie wenn man sich ein Gummiseil um den Fuss bindet und von der Brücke springt. Einer muss den Anfang machen!


    
Wichtig, dass es rot und weiss ist . . . to have a great time in Switzerland

Jetzt aber ab zum Briefing bei Kaffee und frischen Gipfeli. Den TWIKE Fahrkurs überspringen wir in unserem Fall und gehen direkt zur Tour Info und Instruktion zur Bedienung der Funkgeräte.

    

Jedes der 6 TWIKE hat seine eigene Geschichte. Ich fahre auf TW 009, gebaut 1997 für den Veloblitz in Zürich und seit ein paar Monaten von Maya für die Tours gekauft und renoviert worden. Bremsen, Fahrwerk und Batterien sind neu rsp. auf dem neusten Stand, an der Karosserie sieht man wenige Spuren der bewegten Vergangenheit . . . z.B. als es Mitte Juli als Begleitfahrzeug für den Gigathlon innert weniger Tage rund um die Schweiz gefahren ist.

    
Die sechs Tour TWIKE in Reih und Glied bereit zum Abflug

10.15h pünktlich säuseln die 6 UFO durch Interlaken. Der Grimsel ruft. Nächste Zwischenlandung und Mittagshalt in Innertkirchen.

    

Strom ist kein Thema, denn alles ist bestens vorbereitet und abgestimmt. Ah-Zähler, Batteriespannung und Reichweitenanzeige sind mehr zur Info, denn was zählt ist der Fahrtwind, der sanft durchs offene Verdeck bläst, das Panorama der Berge links und rechts und das leise Gleiten entlang der kurvigen Strassen . . . und Tanya singt plötzlich "Let's go fly a TWIKE . . ." (oder hiess das Lied anders?)

    
Mittagspause an der Aare

Die TWIKE stellten wir auf dem Gelände der Kraftwerke ab. Maya verteilte frischen Strom an alle TWIKE, und als wir nach dem Kaffee wieder zurück kehrten, standen alle bereits in Startposition, mit geöffneter Haube bereit zum Einsteigen für die nächste Etappe. Ziel: die Quelle des Stroms tief im Berg des Grimsel.

    
6 TWIKE voll mit Amperekäfern und bereit für den Berg

So einfach ist das, wenn man zwei kompetente Guides dabei hat, die sich um die Haustierchen kümmern.

    
Anna-Regula stimmt zur 2. Etappe an

Der Tempomat wurde auf 12A gesetzt und man begleitet mit lockerem Pedalen das TWIKE auf dem Weg nach oben. Vorne ein TWIKE, links und rechts wilde Felsformationen und Abgründe und hinten ein TWIKE, was will man mehr?

    
TW 128 (das TWIKE, welches die Fahrt ans Nordkapp führte)
    

Und dann die Mauer.

    

Eine viertel Stunde zu früh erreichen wir das Tor zur Unterwelt. Noch einmal das Panorama geniessen und den Blick hinab ins Tal.

    

Maya lässt uns alleine in den Stollen fahren . . . sie möchte die Sonne draussen geniessen und war ja schon letztes mal drin, sagt sie zumindest . . . bei den James Bond Filmen gibt's ja auch immer so einfache Ausreden.

    

Noch ein paar Getreidestengel knabbern bis die "Bergführerin" ankommt.

    

Begleitet vom Getöse der Lüftungsventilatoren öffnet sich der Berg und 5 TWIKE verschwinden im 3 km langen Stollen.

    

In der Strasse liegen noch die Schienen der Transportbahn. Von der Decke tropft es. Leicht bergauf säuseln die 5 TWIKE quer durch den Berg und 50m unter dem Stausee hindurch bis zur unterirdischen Kraftwerkszentrale Grimsel Ost der KWO.

    

Das Pumpspeicherwerk ist eigentlich eine bessere Batterie. Wie beim TWIKE werden die riesigen Generatoren auch als Motoren verwendet. In einem verzweigten Netz von Stollen kreuz und quer durch die Berge wird das Wasser mal von einem Stausee in den anderen mit billigem Nacht(Atom)strom hochgepumpt und dann – wenn der Strom knapp wird – wieder in Strom verwandelt. 4'000A bei 13'500V pro Generator-Einheit. Da könnte man 15'000 TWIKE gleichzeitig auf Schnelladung anschliessen. Oder eine TWIKE Batterie in 0.24 Sekunden wieder auffüllen!

    

Vor der Türe begnügen sich die 5 TWIKE mit einer ganz bescheidenen 32A-Dreiphasen-Steckdose. Doch bis die spannende Führung zu Ende ist, sind auch so alle TWIKE Batterien wieder voll geladen.
. . . wie viel Wasser musste dazu vom oberen Stausse in den unteren fliessen?
Gsundi versuchte während der Führung eine der Schräubchen, welche das Turbinengehäuse zusammenhalten (M100 Gewinde), zu klauen. Leider ist der Versuch misslungen, da seine Shorts immer so auffällig schräg hingen. Zur Strafe musste er die 500 Stufen des Schreckschachts (oder war das ein Schrägschacht) hoch und runter rennen . . . wir hoffen, dass er inzwischen wieder zurück ist . . .

    

Auf halber Strecke zum Tunnelausgang hielten wir an und die Bergführerin öffnete eine Panzertüre. Die weltweit grösste Kristallgrotte leuchtete mit hunderten perfekt geformten Bergkristallen entgegen. Mit dickem Glas gesichert konnte man die Kristalle von mehreren Seiten bestaunen.

    
    

Wir hatten wieder mal Glück. Das Tor zur Aussenwelt ging auf, und niemand hatte den Hauptschieber des oberen Stausees aufgemacht, während wir im Berg waren.

Jetzt gehts über die kurvigen letzten Höhenmeter zum Grimsel Hospiz, wo Maya auf uns wartet.

    
    

Der Blick ins Tal hinunter auf die anderen Stauseen ist immer wieder imposant und einen kurzen Stopp wert.

    
    

Die Passhöhe ist dann schneller da als man erwartet. In der kargen Steinwüste weht ein kühler Wind. Ein Fotohalt und noch schnell die Murmeltierchen begrüssen muss aber sein.

    

Jetzt gehts lange bergab und die Batterien speichern gierig die beim Rekuperieren erzeugte Energie, bis sie wieder randvoll sind.

Vom Rhonegletscher sehen wir auch noch die bescheidenen Reste. Früher ging er mal bis ins Tal hinunter . . .

    

. . . und dann ist mein Copilot und Fotograf (Adrian) eingeschlafen.

Eine schmale Strasse führt in ein Seitental durch Ernen nach Binn.

    

Unverhofft hört die Strasse auf und biegt links in einen schmalen, langen und schnurgeraden Tunnel ab. Trotz Pfosten in der Strassenmitte (deshalb ist das TWIKE ja so schmal) fahren wir die alte Naturstrasse weiter, durch Bäche, unter Baumstrünken und durch kleine Tunnels dem steilen Hang entlang. Da kommte echte Abenteuerstimmung in der Abendsonne auf.

    

Pünktlich und genau im Zeitplan erreichen wir das Hotel Ofenhorn (eröffnet 1883) in Binn. Die TWIKE an die Strippe und wir nach einer erfrischenden Dusche zum Dinieren in den salle-à-manger.

    

Gegen Mitternacht noch eine kleine Beizentour durchs Dorf (hat zwar nur eine Beiz). Die letzten Ampèrekäfer wurden inzwischen mit einer kleinen Festbeleuchtung auf dem Vorplatz verheizt. Als dann die Augen zu zwinkern beginnen erbarmen wir uns den armen Käfern, geben frischen Strom und freuen uns auf den nächsten Tag.

    
 

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